111 Jahre Kött on Kleen – wie alles begann

111 Jahre sind bei Narren eine besondere Zahl – und genauso lange gibt es jetzt schon die Karnevalsgesellschaft Kött on Kleen. Eine Geschichte von Anfang an. Wir berichten in einer mehrteiligen Serie.

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert beginnen sich die Menschen im Rheinland in Vereinen zu organisieren. Zu Sport und Gesang, als Feuerwehr und selbst zum Karneval schließen sich die Menschen im Amt Lank zusammen, nehmen die Aufgaben als Gemeinschaft in die Hand. Und in Nierst wird so die Karnevalsgesellschaft „Kött on Kleen“ (Kurz und Klein) gegründet. „Was mit diesem Motto aufs Korn genommen wird, ist heute nicht mehr bekannt“, berichtet Florian Neuhausen aus Nierst von Kött on Kleen.

Jedenfalls sind es allesamt Junggesellen, die dem Verein angehören. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es immerhin 46 dieser unverheirateten Narren. Wer ein Fest organisiert, der braucht natürlich auch eine Kasse. 1936 war sie mit 37,89 Reichsmark gefüllt – viel Geld in jener Zeit.

Aus dem Jahr 1938 sind auch einige Posten überliefert, die Rückschlüsse auf den örtlichen Karneval zulassen. „So wirbt Kött on Kleen bereits mit Plakaten für seine Veranstaltungen, die im Saal Stapper (später Winkes) auf dem Tanzboden stattfinden.“ Natürlich werden auch schon Genehmigungsgebühren für die notwendigen Verwaltungsakte fällig und die Musik muss bezahlt werden. Einnahmen erzielt die Gesellschaft, indem Tanzkarten verkauft werden. „Die Kosten für Kartoffeln und Butter lassen darauf schließen, dass sich während der Tanzabende Männer und Frauen mit Pellkartoffeln für den nächsten Reigen stärken.“

Wofür der „Sportgroschen“ gedacht ist, bleibt allerdings ein Rätsel. Die Ausgaben allein für den Rosenmontag 1939 weisen Quellen mit stattlichen 178,15 Reichsmark aus. Offenbar verstehen es die Nierster Narren aber gut zu wirtschaften, weil sich in der Kasse mittlerweile immerhin fast 75 Reichsmark finden. Allerdings ist Karneval 1939 vorerst das letzte große Narrenfest in Nierst.

„Nachdem sich die kriegerischen Zeichen mehrten, marschieren deutsche Soldaten am 1. September in Polen ein – der Zweite Weltkrieg beginnt.“ Den Winter über wechseln sich die einquartierten Soldaten auch in Nierst ab, der Westaufmarsch beginnt.

„Während Mütter, Väter, Bräute und Geschwister um ihre Lieben bangen mussten und schließlich die ersten Verletzten heimkehrten und Todesnachrichten eintrafen, ist der Bevölkerung die Lust am Feiern vergangen“, so Florian Neuhausen.

Auch nach Kriegsende sind die Zeiten alles andere als rosig. „Nierst wird kurz vor Kriegsende amerikanisch besetzt und schließlich evakuiert.“ Dann sorgen sich die Menschen um ihr Überleben und die ersten Vertriebenen werden in einzelne Häuser und in den Festsaal eingewiesen. „Von Kött on Kleen ist nur noch Schriftführer Hanni Roos geblieben, die 62,93 Reichsmark in der Kasse sind längst wertlos geworden.“

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„Leider gibt es aus den Anfangszeiten des Jahrhunderts kaum Bildmaterial über die Art, wie die Nierster zu dieser Zeit ihren Karneval gefeiert haben. Wir gehen aber davon aus, dass der in anderen Berichten beschriebene Umzug den Höhepunkt des Karnevalslebens darstellte.“

Ob die Bezeichnung Präsident, die die Narren 1923 erstmals in den Mitgliedsbüchern vorfinden, bereits auf eine Sitzung schließen lässt, ist sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich wurde der Begriff Präsident und Vorsitzender in den 20er Jahren je nach Laune des Schriftführers eingesetzt.

Auch die Ausgaben ergeben kein klares Bild, ob es vor dem Zweiten Weltkrieg bereits so etwas wie eine Sitzung gegeben hat. In diesen Auflistungen der Ausgabe finden sich bis 1939 nur Ausgaben wie Musik, Genehmigung, Bedienung, Kartoffeln, Butter, die ausschließlich auf den Umzug mit dem anschließenden Wurstessen hindeuten sowie am Dienstag nach Rosenmontag den Altweiberball. „Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kommen Ausgaben wie Saalmiete, Mützen, Pokalwein hinzu, die eindeutig auf eine Sitzung im heutigen Stile hindeuten.“

Eindeutig dokumentiert aus dieser Zeit ist die Satzung, die mit ihren relativ geringen Angaben wie Name des Vereins, Stammlokal, Mitgliederbeitrag und Intension des Vereins den Anforderungen der Obrigkeit genügen musste.

Dieser „Obrigkeit“ war das Aufkommen von sehr vielen Vereinigungen zum Ende des 19. Jahrhunderts politisch im Hinblick auf die aufkommende Demokratie und den Verfall der Monarchie sehr suspekt. „Um diese Vereinigungen und Bünde besser zu kontrollieren und zu kanalisieren, musste sich jede Vereinigung eintragen lassen.“ Berühmte Beispiele aus dieser Zeit sind Schalke 04 und KG Kött on Kleen. „Um auch den Nierster Karneval in geordnete Bahnen zu lenken, trafen sich am 2. Januar 1905 einige Karnevalisten, um die Karnevalsgesellschaft zu gründen und um dem Verein die Satzung zu geben.“ Nach Präsident Jakob Brockerhoff unterzeichnete Ludwig Vossen, Peter Baakes, Benedikt Steuten, Peter Paas und Johann Hahlen die Gründungsurkunde. Diese wurde dann am 13. Januar 1905 (das offizielle Gründungsdatum) der Verwaltung vorgelegt und der Verein durch Unterschrift des Bürgermeisters offiziell anerkannt und eingetragen. Ein weiteres sehr gut erhaltenes Dokument aus der frühen Vereinsgeschichte ist das Mitglieds- und Kassenbuch. So gibt es bereits aus dem Jahr 1923 eine vollständige Mitgliedsliste von damals schon 30 Mitgliedern, welche sich bis 1938 auf 56 erhöhte. Man bedenke, dass es sich nur um Junggesellen gehandelt hat und das Dorf nur rund 500 Einwohner zählte. „Ebenfalls sehr sauber dokumentiert wurde die Kasse des Vereins.“

Der erste dokumentierte Kassenbestand am 20. November 1921 belief sich auf 209,50 Mark. Zwischenzeitlich war dieser dann 1930 auf nur noch 14,40 Mark abgesunken. „Interessant ist auch, dass man am 10. Februar 1940 den Kassenbestand mit 62,93 Mark abgeschlossen hat und die Kasse am 14. Februar 1948 nach genau acht Jahren mit exakt dem gleichen Betrag wieder eröffnet wurde.“

Wie es scheint, wurden das Vereinsleben und die Umzüge über den Zweiten Weltkrieg nicht weitergeführt, „wofür jeder auch Verständnis haben sollte“. Die Kasse hat aber bei Karl Hölters die gesamten Kriegswirren überlebt und trotz der schwierigen Zeit bis auf den Pfennig gestimmt.

Das 1939 / Anfang 1940 mit 56 Mitgliedern ruhende Vereinsleben wurde dann 1948 mit 26 Mitgliedern wiederbelebt. „Diesen 26 Mitgliedern, von denen noch Peter Brockerhoff, Hermann Grotenburg, Peter Haverkamp, Konrad Jansen, Heinrich, Jakob und Peter Paas, Hans Roos sowie Adolf und Franz Rütten leben, gilt unser aufrichtiger Dank für diese Aufbauarbeit.“ Denn nicht nur der Umzug wurde neu organisiert, sondern ab 1949 begann man mit der Sitzung das Programm erheblich auszubauen.

(Report Anzeigenblatt)